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Sachverhalt
Gemäß § 543 Abs. 1 BGB kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund fristlos kündigen. Ein solcher Grund liegt insbesondere dann vor, wenn der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt die Mietsache erheblich gefährdet. Ob die Gefährdung erheblich ist und somit eine Kündigung rechtfertigt, wird anhand einer Abwägung der gegenseitigen Interessen nach den Umständen des Einzelfalls entschieden.
So entschied das AG Frankfurt mit Urteil vom 04.05.2023 (Az.: 33 C 429/22 (29)), dass ein Vermieter den Wohnraummietvertrag fristlos nach § 543 Abs. 1 BGB kündigen kann, wenn der Mieter unerlaubt ca. 20 freifliegende Tauben in seiner Wohnung hält und eine Sanierung der verursachten Beschädigung der Wohnung verweigert.
In dem vom AG Frankfurt zu entscheidenden Fall bestand zwischen den Parteien ein Mietverhältnis, welches von der Vermieterin am 03.12.2021 fristlos gekündigt wurde. Nachdem die dem Mieter gesetzte Ziehfrist fruchtlos verstrich, klagte die Vermieterin auf Herausgabe der Wohnung. Der Mieter begehrte hingegen die Klageabweisung und führte an, dass er nicht die Absicht hatte die Sanierungsarbeiten aufzuhalten, sondern die Mitarbeiter der Sanierungsfirma lediglich auf den Schimmel hinweisen wollte.
Entscheidung des Gerichts
Die Klage der Vermieterin hatte Erfolg. Das AG Frankfurt verurteilte den Mieter zur Herausgabe der streitbefangenen Wohnräume.
In dem Urteil konstatierte das Gericht, dass eine unerlaubte Tierhaltung zwar nicht per se ein Kündigungsgrund darstelle. Mieter können durchaus Tauben in einem Taubenschlag im Garten halten, ohne sich direkt der Gefahr einer fristlosen Kündigung auszusetzen. Im vorliegenden Fall war dies jedoch nicht einschlägig. So ließ der Mieter die Tauben frei in seiner Wohnung und eben nicht in einem Taubenschlag herumfliegen, sodass die Wohnung durch den Taubenkot kontaminiert wurde.
Durch diesen Umstand war nach Auffassung des Amtsgerichts die Bausubstanz der Wohnung in einem erheblichen Ausmaß gefährdet und die Nutzung des Mieters ging weit über den vertragsgemäßen Gebrauch im Sinne von § 538 BGB hinaus.
Erschwerend kam im streitgegenständlichen Fall hinzu, dass der Mieter zusätzlich die Sanierungsarbeiten des Vermieters störte und somit gegen seine vertragliche Mitwirkungspflicht verstieß.
Durch das mehrfache Fehlverhalten des Mieters war der Vermieterin das Festhalten am Vertrag nach Auffassung des Amtsgerichts nicht länger zuzumuten. Durch die wirksame außerordentliche Kündigung vom 3. Dezember 2021 endete das Mietverhältnis und der Mieter verlor folglich das Recht zum Besitz an der Mietsache. Dem klageweise geltend gemachten Anspruch auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung wurde im Ergebnis vollumfänglich stattgegeben.
Bedeutung des Urteils für die Praxis
Die Entscheidung des AG Frankfurt verdeutlicht dem Mieter die rechtlichen Konsequenzen bei einer Vernachlässigung der Sorgfaltspflicht im Hinblick auf den Umgang mit der Mietsache. Dabei sollten Mieter beachten, dass unter bestimmten Umständen eine solche Vernachlässigung ausreichend sein kann, um eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Auch zeigt das Urteil auf, dass Mieter bei Instandsetzungsarbeiten eine Mitwirkungspflicht nach § 535 BGB haben. Vereiteln Mieter Instandsetzungsarbeiten des Vermieters liegt ein vertragswidriges Verhalten vor, welches im Ergebnis ebenfalls einen fristlosen Kündigungsgrund rechtsfertigt.
Für Vermieter hebt das Urteil die Bedeutung der sorgfältigen Dokumentation der erfolgten Pflichtverletzungen hervor. Vermieter tragen bei einer außerordentlichen Kündigung die Beweislast und müssen dem Gericht die tatsächlichen Voraussetzungen ihres Kündigungsrechts darlegen. Auch bedarf es zunächst der Vornahme von alternativen Maßnahmen, wie Abmahnungen bevor der Vermieter eine außerordentliche Kündigung aussprechen sollte.